Es kann praktisch aussehen zu sagen, es habe heute keinen Wert, über die Ursachen des Krieges zu sprechen. Es ist aber gegenüber den tatsächlichen Verhältnissen das unpraktischste, was sich nur denken läßt. Denn tatsächlich führt die Entente mit ihrer Darstellung der Kriegsursachen seit langem den Krieg. Die Situation, die sie sich geschaffen hat, verdankt sie dem Umstande, daß ihr ihre Darstellung geglaubt wird aus dem Grunde, weil ihr von Deutschland etwas Wirksames noch nicht erwidert worden ist. Während Deutschland zeigen könnte, dass es zum Kriegsausbruche nichts beigetragen hat, dass es in den Neutralitätsbruch gegenüber Belgien nur durch das Verhalten Englands getrieben worden ist, sind die offiziellen Darlegungen Deutschlands bis heute so gehalten, daß kein außerhalb Deutschlands lebender Mensch daran gehindert wird, sich das Urteil zu bilden, es habe in Deutschlands Hand gelegen, den Krieg nicht zu beginnen. Damit ist es nicht getan, daß man die Dokumente so zusammenstellt, wie es geschehen ist. Denn diese Zusammenstellung ergibt eben etwas, was von jedem angezweifelt werden kann, während die ungeschminkte Darstellung der Tatsachen in der Tat Deutschlands Unschuld ergeben müßte.
»Der Kaiser«, berichtet der jüngere Hertling, »schien mir an diesem Tage nicht schlechter als sonst auszusehen . . . Die Besprechung dauerte lange. Herr v. Hintze, der die Nacht durch nach Spa gefahren war und den ganzen Vormittag mit der OHL verhandelt hatte, sah vollständig erschöpft aus und schlief infolge der Überanstrengung bei uns im Zimmer ein, während er darauf wartete, zur Beratung zugezogen zu werden . . . In der Zwischenzeit war die Erklärung des Kaisers vorbereitet worden, in der dieser seinem Willen Ausdruck gab, mehr als bisher Vertreter des Volkes zu den Regierungsgeschäften heranzuziehen, und in welcher er meinem Vater die erbetene Entlassung in Gnaden bewilligte. Ich brachte das Schriftstück in das Arbeitszimmer, wo die bedeutungsvolle Unterredung noch nicht zum Abschluß gekommen war. Der Kaiser hat bei dieser nicht sehr viel gesprochen; das Wort führte für ihn sein Kabinettschef, der dabei so lebhaft debattierte, daß seine Stimme deutlich im Nebenzimmer vernehmbar war. Die Entlassung des Kanzlers war dem Kaiser mehr als schmerzlich . . . Die Besprechung ist dann zu Ende gegangen. Der Kaiser verabschiedete sich freundlich wie immer von uns allen, und wir waren allein. Mein Vater war ziemlich still. Aber als ich ihm schilderte, wie wir nun bald aus dem „Tiefland“ in das Hochland der lieben bayerischen Berge ziehen würden, ging doch ein stilles, fast glückliches Lä- cheln über seine ernsten Züge.«
Helmuth v.Moltke, Generalstabschef: „Ich ging zum Kaiser und sagte ihm, ich könne diesen Zustand nicht mehr ertragen. Er war verwundert, wie ich ihm darlegte, dass ich ganz ausgeschlossen sei, und sagte, er betrachte mich nach wie vor als den eigentlichen Leiter der Operationen. Nachdem ich ihm den Tatbestand dargelegt hatte, sagte er, das sei nicht seine Absicht, er werde Remedur eintreten lassen, wolle sich die Sache durch den Kopf gehen lassen und sie ändern. — Am nächsten Tage erkrankte ich an einer Entzündung der Gallenblase und Leber und musste mich zu Bett legen. Die seelische Aufregung der letzten Wochen, meine verzweifelte Stimmung und Lage hatten auf den physischen Organismus krankheitsbildend eingewirkt. Nachdem ich acht Tage gelegen hatte, besuchte mich der Kaiser und saß eine Stunde an meinem Bett. Er war sehr gütig und gnädig, kam jedoch auf meine dienstlichen Funktionen nicht zurück.“
Nutzen Sie die linken/rechten Pfeile, um durch die Slideshow zu navigieren, oder wischen Sie nach links bzw. rechts, wenn Sie ein mobiles Gerät verwenden
Wenn Sie eine Auswahl auswählen, wird eine vollständige Seite aktualisiert
drücken Sie die Leertaste und dann die Pfeiltasten, um eine Auswahl zu treffen