Peter Selg: DIE REINHEIT DES ORDENS UND DAS OPFER

 

Peter Selg

DIE REINHEIT DES ORDENS UND DAS OPFER

Friedrich Schillers Johanniter-Fragment „Die Malteser“

Verlag am Goetheanum

Der Originaltext des Schiller-Fragmentes „Die Malteser“ im zweiten Teil des Buches, Seite 77 ff., ist entnommen aus:

Friedrich Schiller, Sämtliche Werke Band 3 Fragmente, Übersetzungen, Bearbeitungen

Herausgegeben von Herbert G.Göpfert, Albert Meier und Robert Jörg 

Neuausgabe © 2004 Carl Hanser Verlag München i

Wir danken dem Carl Hanser Verlag für die freundliche Erteilung der Abdruckgenehmigung

Der Verlag am Goetheanum im Internet: www.VamG.ch 

 

Einbandgestaltung von Philipp Tok © Copyright 2010 by Verlag am Goetheanum, 

CH-4143 Dornach 

Alle Rechte vorbehalten 

Satz: Höpcke, Hamburg 

Druck und Bindung: Freiburger Graphische Betriebe

ISBN 978-3—7235-1408—5


 

INHALTSVERZEICHNIS

Einleitung 

„Der reine Geist des Ordens und das Opfer“ 

Friedrich Schillers Ringen um das Johanniter-Drama 

I.

1. Zur Entstehung des „Malteser“-Fragments 

2. Die Spiritualität des Ordens und die Krise in Malta .

3. San Elmo und der Sinn des Opfers 

II. Friedrich Schiller: 

Die Malteser 

 

ANHANG 

Anmerkungen

Abbildungsverzeichnis 


Seite 7:

EINLEITUNG

Friedrich Schiller starb jung, vor Vollendung des intendierten Lebens. und Werkes. Über die Umstände seines Todes wurde seit dem  9.Mai 1805 wiederholt geschrieben - zuletzt in eindrucksvoller Weise von Sergej O.Prokofieff. (Friedrich Schiller und die Zukunft der Freiheit. Zugleich einige Aspekte seiner okkulten Biografie. Dornach 2007, S.135 ff. - 

Zu den von Rudolf Steiner eröffneten Aspekten zu Schillers vorzeitigem Tod und zu geschichtlichen Problematik der Todesursachen-Diskussion vgl. Peter Selg: Friedrich Schiller.  Die Geistigkeit des Willens. Dornach 2005. S.207-211 und S.270)

Ein schweres Schicksal waltete über dem Abbruch von Schillers geistig-literarischer Arbeit und sein vorzeitiger Tod war ohne Zweifel folgenreich. Schiller wollte wirken und stellte sich gegen Tendenzen der zeitgenössischen Entwicklung, die er als unheilvoll betrachtete und die tatsächlich die Geschicke Mitteleuropas - und der Welt - in eine verhängnisvolle Richtung brachten. Rudolf Steiner regte zum Nachdenken über die „ungewordene“, potentiell mögliche, aber verhinderte Werdegestalt historischer Konstellationen und Prozesse an: eine weitere und gesteigerte Wirksamkeit Schillers - über den 9.Mai 1805 hinaus - wäre sehr wahrscheinlich ein wesentlicher Faktor eines anderen Kultur- und Geschichtsprozesses gewesen. Er aber wurde aufgehalten und sein Werk brach ab - von der geistigen Relevanz zweier dramatischer Entwürfe, die ihn bis zuletzt beschäftigten, dem „Demetrius“ und den „Maltesern“, sprach Rudolf Steiner wiederholt. „Die ,Malteser‘ hatte er im Pult (als er starb); den ,Demetrius‘ arbeitete er eben aus.“

Die vollendeten und aufgeführten „Malteser“ wären, so Steiner, „etwas geworden für Menschen von höchstem geistigem Schwung“ - und in sich selbst ein “lebendiges Drama“, wie es Schiller nie zuvor gestaltet hatte. Die Bühneninszenierung des Selbstverteidigungs- und Befreiungskampfes des Johanniterordens gegen die übermächtigen Türken auf Malta (im Jahre 1565) aber stellte nicht nur schwer lösbare dramatische Aufgaben, sondern führte Schiller in die innere Spiritualität einer esoterischen Gemeinschaft hinein. Die Darstellung der entscheidenden Vorgänge innerhalb des Ordens implizierte die Thematisierung - und bühnenwirksame Umsetzung - von sinnlich- übersinnlichen Prozessen bzw. Vorgängen, die aus irdischen Voraussetzungen allein nicht hinreichend verständlich und nachvollziehbar waren. Zur Vollendung der „Malteser“ hätte sich Schiller nach Steiner einen Blick „in die Art und Weise“ verschaffen müssen, „wie gerade innerhalb eines solchen Ordens wie im Johanniter- oder Malteserorden oder im Templerorden [...] die geistigen Welten mitgewirkt haben in den Taten der Menschen“.

Diese Herausforderung nahm Schiller bis zu einem gewissen Maße auf sich. Er begann nicht nur die Arbeit und hielt über viele Jahre an ihr fest, sondern vertiefte sich intensiv in die Geschichte und Spiritualität eines Ordens, in dem ein Realbezug zur übersinnlichen Welt lebte - eine Substanz, die nach Rudolf Steiner auch allen karitativ-therapeutischen Leistungen der Johanniter-Gemeinschaft zugrunde lag.

Am 12. Februar 1922 sagte Rudolf Steiner in Dornach:

Wir würden, wenn die „Malteser“ von Schiller ausgeführt worden wären, ein Drama haben, aus dem deutlich ersichtlich wäre, wie in einem solchen Orden - und die Malteser sind noch aus den Vorgängen während der Kreuzzüge hervorgegangen -‚ der nach außen hin eigentlich auf humanitäre Handlungen, auf Gemeinwirksamkeit, auf Wohltätigkeitswirksamkeit und so weiter eingerichtet war, durchaus die Meinung herrschte, dass man so etwas nur vollführen könne, wenn man zu gleicher Zeit in einem gewissen Sinne zu einem höheren Leben aufsteigt.

Man hatte in der Zeit, in welcher der Tempelherrenorden und der Johanniterorden - aus dem dann der Malteserorden geworden ist - gestiftet worden sind, ja, auch noch während des ganzen Mittelalters durchaus das Gefühl: Der Mensch muss sich verwandeln, bevor er in der richtigen Weise so etwas unternehmen kann.“

Die Bewältigung der dramatischen „Malteser“-Herausforderung, d.h. die künstlerische Gestaltung der Ordensgeschichte zum Zeitpunkt der Krisis und Entscheidung - der den Sieg gegen eine erdrückende osmanische Macht und die Festigung der Gemeinschaft mit sich brachte -, erforderte nach Rudolf Steiner nicht nur ein Wissen um Initiationselemente, sondern konnte nur von einem Eingeweihten geleistet werden („hätte Schiller diese ,Malteser‘ zur Ausführung bringen wollen, dann hätte er unbedingt dieses Drama nur als Eingeweihter, als Initiierter schreiben können. Es wäre gar nicht anders gegangen.“).

So weit kam Friedrich Schiller nicht und das Stück blieb unvollendet - allerdings auf einem Niveau, das nicht nur ein Zeugnis seines dramatischen Vermögens ablegte, sondern auch von seiner realen Beziehung zu den Inhalten des Geschehens («Er trug, wenigstens bis zu einem gewissen Grade, die Bedingungen zur Initiation in sich.»). Schiller war nach Steiner dazu prädestiniert, «Hochspirituelles aus sich heraus hervorzubringen», scheiterte jedoch aufgrund schicksalhafter innerer wie äußerer Bedingungen. Er lebte in der spirituellen Welt, konnte sie jedoch nur bedingt über seine kranke, mitgenommene Leiblichkeit in die Werkwerdung der Tragödie umsetzen. Noch im Juli 1924 - wenige Monate vor Ausbruch seines eigenen Krankenlagers - sagte Rudolf Steiner in Arnheim im Kontext längerer Schiller-Ausführungen:

Aber was er so in sich trug, das konnte wegen seines andern Karma nicht herauskommen; es verkrampfte sich, verkrampfte sich auch seelisch. Denn dem ,Malteser‘-Entwurf ist schon das Krampfhafte anzusehen: große, gewaltige Sätze, die überall nicht bis zum Punkt führen. Es kann nicht heraus, was in ihm ist. [. . .] Es ist der eiserne Wille vorhanden, als er die ,Malteser‘ entwirft, vorwärtszukommen; aber er kann nicht. Er kommt nur bis zu einem flüchtigen Entwurf. Denn die ,Malteser‘, in Wirklichkeit gesehen, enthalten ja das, was von den Kreuzzügen her bewahrt worden ist an allerlei Okkultem, an Mystischem und an Initiationswissenschaft. Und an ein solches Drama, zu dessen Fertigstellung man die Erlebnisse der Initiation hätte wirklich in sich tragen müssen, geht Schiller heran. Wahrhaftig, ein Lebensschicksal, das den, der die Sache durchschaut, ungemein tief berührt und in die ganze Wesenheit dieses Menschen hineinschauen lässt. Und seit bekanntgeworden war, dass Schiller so etwas im Sinne hatte wie die ,Malteser‘, seit der Zeit vermehrte sich die Gegnerschaft in Deutschland gegen ihn außerordentlich. Man fürchtete sich vor ihm. Man fürchtete, dass er allerlei an okkulten Geheimnissen in seinen Dramen verraten könne.“

Im selben Vortragszusammenhang deutete Steiner jedoch auch an, dass Schillers Fragment gebliebene Arbeit posthum wirksam wurde. Die Individualität Friedrich Schillers nahm die Thematik und Intention des Ordens-Dramas (wie vieles andere) mit in die geistige Welt; die mit diesen Vorhaben verbundenen Kräfte konnten nachfolgenden Erdenbemühungen helfend zur Seite stehen. Ohne in Arnheim auf entsprechende Einzelheiten einzugehen, sagte Rudolf Steiner in andeutender Weise:

Ich darf schon sagen, für den Geistesforscher bildet nichts ein so großes Interesse, als etwa folgendes Problem sich zu stellen: zu studieren, was Schiller geleistet hat in den letzten zehn Jahren seines Lebens, von den ,Ästhetischen Briefen‘ an, und dann zu verfolgen, wie dieses Leben nach dem Tode abgelaufen ist. Da gibt es, wenn man sich vertieft in diese Seele Schillers nach dem Tode, geistige Inspirationen in Hülle und Fülle aus der geistigen Welt heraus.“

Rudolf Steiners eigene Lebensarbeit für die Anthroposophie - aber auch sein Ringen um die Anthroposophische Gesellschaft als esoterischer Gemeinschaft in Zeiten der Krise und Bedrohung - war mit der Individualität Friedrich Schiller verbunden.

Insbesondere Sergej Prokofieff hat in den vergangenen Jahren mit seinen Studien dazu beigetragen, dass die verborgene Spiritualität von Schillers letzter Arbeit, dem gewaltigen „Demetrius“-Fragment, ansichtig und Rudolf Steiners hohe Gewichtung dieses Dramenentwurfs inhaltlich nachvollziehbar wurde.  Für das Verständnis des „Malteser“-Projektes und der mit ihm verbundenen Fragen einen ersten entsprechenden Beitrag liefern zu wollen, ist die Absicht der vorliegenden kleinen Schrift, deren Themen nur scheinbar „historische“ sind. „Das Vergangene geht. Das Gewesene kommt.“ (Martin Heidegger)

Die nachfolgend thematisierten Aspekte wurden am diesjährigen Todestag Friedrich Schillers im Rudolf Steiner Haus Weimar in einem Vortrag dargestellt. In Weimar fasste Friedrich Schiller Anfang 1788 sein „Malteser“-Vorhaben; in derselben Stadt bewegte er es noch siebzehn Jahre später, in seiner letzten Lebenszeit, und ging mit ihm in den Tod. Mit keinem anderen Dramenstoff lebte Friedrich Schiller so lange - ohne ihn gestaltend zu vollenden. Die Weimarer Gedenkveranstaltung am 9. Mai 2010 erinnerte an diese Zusammenhänge und die mit ihnen verbundenen, weiterwirksamen Intentionen; die Niederschrift ist den dortigen anthroposophischen Freunden um Ingrid Hüther gewidmet.

Peter Selg - Ita Wegman Institut Arlesheim, Juli 2010

Seite 13 

«DER REINE GEIST DES ORDENS UND DAS OPFER»

Friedrich Schillers Ringen um das Johanniter-Drama

[...] Den Christus erkennen, heißt die Schule der Selbstlosigkeit durchmachen. Unter dem Einfluss des Materialismus ging die Selbstlosigkeit der Menschheit in einer Weise verloren, wie es in zukünftigen Zeiten der Menschheit erst erkannt werden wird. 

Aber durch die Vertiefung in das Mysterium von Golgatha, die Durchdringung der Erkenntnis des Mysteriums von Golgatha mit unserem ganzen Gefühl, unserem ganzen seelischen Wesen, können wir wiederum eine Kultur der Selbstlosigkeit aneignen. 

Und wir können sagen: Was Christus für die Erdenentwickelung getan hat, ist beschlossen in dem Grundimpuls der Selbstlosigkeit, und was er werden kann für die bewusste Entwickelung der menschlichen Seele, ist die Schule der Selbstlosigkeit! [...]

In Bezug auf unser sittliches Leben, unser Weltverständnis und in Bezug auf dasjenige, was innerhalb unserer Bewusstseinsseele sich abspielt, müssen wir erst selbstlos werden. Das ist eine Aufgabe der jetzigen Kultur gegen die Zukunft hin. 

Die Menschheit muss immer selbstloser und selbstloser werden, darin liegt die Zukunft der richtigen sittlichen Lebenstaten, die Zukunft aller Liebestaten, die durch die Erdenmenschheit geschehen können.“

Rudolf Steiner, 1.6.1914

 

 

Seite 109

DIE MALTESER, ein Trauerspiel

Personen

 

Kommandeurs und Großkreuze:

La Valette, Großmeister

Don Ademar von Leira

Don Ripperda

Châteauneuf

Montalto

 

Ritter:

Don Ramiro

Montgomery

 

Ritter, von St.Elmo deputiert:

Requires

St.Priest

 

Mendoza

Castriotto (der Ingenieur)

Renegat

Irene

Ritter

 

Seite 113

(Grundidee und Hauptgestalt, 

Niederschrift wohl zwischen 1797 und 1799)

Der Inhalt dieser Tragödie ist das Gesetz und die Pflicht im Konflikt mit an sich edeln Gefühlen, sodass der Widerstand verzeihlich, ja liebenswürdig, die Aufgabe hart und unerträglich erscheint. Diese Härte kann nur ins Erhabene aufgelöst werden, welches, freiwillig und mit Neigung ausgeübt, das höchste Liebenswürdige ausmacht. — 

La Valette mag also im Laufe der Handlung hart erscheinen, zuletzt wird er durch den Zusammenhang seiner Natur ganz legitimiert. Die Tugend, welche in dem Stücke gelehrt wird, ist nicht die allgemein menschliche oder das reine Moralische, sondern die zum Moralischen hinaufgeläuterte spezifische Ordenstugend.

Die Aufgabe wäre also die Verwandlung einer strengen pflichtmäßigen Aufopferung in eine freiwillige, mit Liebe und Begeisterung vollführte. Es ist also eine Stimmung hervorzubringen, welche dieser Empfindungsart Raum gibt, der Großmeister muss der Urheber davon sein und zwar durch seinen Charakter und dadurch, dass er selbst ein solcher ist.

Eine moralische Festigkeit bei aller Fühlbarkeit, und bei allen Anlässen, dieser die Oberhand zu verschaffen und jene zu erschüttern, ist der Inhalt.

Die Existenz des Moralischen kann nur durch die Totalität bewiesen werden, und ist nur durch diese schön und das Höchste. In Begleitung jener Festigkeit sind also Zartheit, lebhafte Beweglichkeit, Wohlwollen, Mäßigung, Weichheit, Milde, kurz alle schöne menschliche Tugenden. Ihre Verbindung macht den Großmeister zu einem liebenswürdigen und wahrhaft großen Menschen.

Auch muss Gelegenheit gegeben werden, seine Verstandesklarheit, seine Penetration und Klugheit zu zeigen, die ihn allen überlegen macht. Vollkommen fassliche Exposition der Notwendigkeit seines harten Verfahrens. 

Das Schicksal der Insel, ja des Ordens selbst, ist gefährdet, wenn wegen Elmo nachgegeben wird; der Orden muss an den Orden gewagt werden.

Zweimal kommen die Deputierten von Elmo, aber in der Art muss sehr variiert werden. 

Das erstemal lässt sich der Großmeister noch nicht mit ganzem Nachdruck heraus; aber, fragt sich nun, wenn er dies das zweitemal tut, wie ist noch eine Widersetzung möglich? Bloß durch die Gewalt der Passionen.

La Valette ist ein schöner menschlicher Charakter und ist in den Fall gesetzt, das Unerträgliche zu tun.

La Valette ist die Seele der Handlung, er muss immer handelnd erscheinen, auch da, wo er nicht handelt, nicht mit Absicht wirkt, wirkt sein Charakter; besonders aber muss das Resultat des Ganzen, die Rückkehr der Ritter zu ihrer Pflicht, und zwar zum höchsten und schönsten Geiste derselben, sein Verdienst, das Werk seiner hohen Tugend und Weisheit sein.

Er erscheint den eingenommenen Rittern, aber niemals den Zuschauern, hart, willkürlich, ungerecht; seiner Tapferkeit, Klugheit, Uneigennützigkeit lassen sie volle Gerechtigkeit widerfahren. Es muss also etwas geschehen, was ihnen jenes Vorurteil vollkommen benimmt. 

Zugleich müssen sie die Folgen ihrer Widersetzlichkeit schädlich empfinden, und durch irgendetwas von ihrem Unrecht überzeugt werden. Ferner werden sie durch ein Beispiel von Gehorsam und Mut, welches andere schwächere Ritter geben, beschämt, ihr Ordenssinn wird rege.

La Valette souteniert mit Festigkeit ein hartes, aber notwendiges und heiliges Gesetz gegen den ganzen empörten Orden, führt ihn zu Pflichtmäßigkeit zurück, und vereinigt ihn in einem religiösen und heroischen Enthusiasmus, der ein Unterpfand des Sieges und der Unüberwindlichkeit ist.

Er hat alle äußre und innere Hindernisse zu bekämpfen und siegt über alle durch seine hohe Tugend; sein eigenes Herz muss er schweigen heißen, den Schein der fühllosesten Grausamkeit muss er bei seinem weichen Herzen ertragen, der Leidenschaft einer wütenden Menge, dem Trotz der Mächtigen, dem Ungestüm einer zügellosen Jugend, der Bosheit der Kabale, dem tobenden Widerspruch der Masse muss er die Spitze bieten. Es ist aber nicht damit getan, dass er fest bleibt; er muss Ursache sein, dass seine Ritter umgestimmt werden, dass sie an seine hohe reine Tugend glauben, dass sie ihr Unrecht fühlen und einsehen, dass sie von der Halsstarrigkeit, von der weltlichen, ordenswidrigen Gesinnung zur Nachgiebigkeit, zur Geschmeidigkeit und zu einer heroischen Begeisterung übergehen. Es müssen sich als Folge seines Betragens und der Umstände im Verlaufe des Stücks die wahren Ordensritter erzeugen.

La Valette ist ein Vater seines Ordens; dieses Prädikat verdient er sich in allen Teilen. 

Was ein Vater für seine Kinder, tut er für seine Ritter, und überall, wo eine positive Pflicht es ihm nicht verbietet, zeigt er sich sorgsam, gütig, nachsichtig, väterlich, selbst gegen die Bösen. 

Seine Auftritte mit den verschiedensten Charakteren, mit dem bösen Ritter, mit dem stolzen, mit dem kindlichen, mit dem heftigen. Väterlich redet er dem Verräter ins Gewissen, und erst wenn alles unnütz ist, lässt er den Gesetzen den Lauf.

Weil La Valette nicht sich selbst, sondern andere aufopfert, so könnte sein Heroismus zweifelhaft werden. Es ist also nötig zu zeigen, wie viel schwerer es ihm wird, andre als sich selbst aufzuopfern.

Die innere Begebenheit im Orden droht, ihn der äußern Gefahr zum Raub werden zu lassen. 

Aber sie löst sich durch die Seelengröße, Weisheit und Rechtschaffenheit des Chefs also auf, dass der Orden gestärkt, mächtig und unüberwindlich daraus hervorgeht und des Sieges über die äußern Feinde gewiss ist. Diese Begebenheit dient also dazu, die Möglichkeit, ja die Unfehlbarkeit des Siegs, den der Orden in dieser Belagerung behaupten wird, zu verbürgen. Der Kampf geht eigentlich erst an, wenn das Stück aus ist, aber da die Kraft des Ordens als unbedingt und unendlich dasteht, so ist er für den Zuschauer so gut als entschieden. Ein großes Opfer, der Tod einer auserlesenen Schar, erkauft ihn; ebenso war der Persische Krieg so gut als geendigt durch den Tod des Leonidas.

Es muss vollkommen einleuchten, warum La Valette den Orden gerade jetzt reformieren will. 

Ad extra wirkt schon das Argument der Religion, dass sie sich von ihren Sünden reinigen müssen, um auf die göttliche Hilfe Anspruch machen zu können. Die Religion ist aber bei La Valette nur die Sprache und die Formel zu einer höheren und hellern Weisheit. Er reformiert den Orden, um den idealistischen Sinn und die Exaltation möglich zu machen, welche jetzt so notwendig sind, das Außerordentliche zu leisten. Auch um die innere Spaltung des Ordens zu heben, um die Eintracht und Gehorsam hervorzubringen, hält er für dringend notwendig, alle Ursache des Streits und der Widersetzlichkeit zu entfernen.

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